Sunday, January 17, 2021

Die Politische Ökonomie des Brexit: Ein Rückblick von Roland Vaubel

Sehr empfehlenswert! Eine gute Zusammenfassung, wie es zum Brexit kam! Der Artikel ist auch sehr lehrreich im Hinblick auf andere Länder, die die EU vielleicht demnächst auch verlassen könnten.

"... Dabei wird meist übersehen, dass  sich der britische Unmut über die EU schon über längere Zeit aufgebaut hatte. Denn die Briten waren seit den neunziger Jahren immer wieder in wichtigen Fragen im Rat und Parlament überstimmt worden. Meistens ging es dabei um europäische Arbeits- und Finanzmarktregulierungen, d.h., Eingriffe in die Vertragsfreiheit. Die Regulierungen der EU zwangen Großbritannien, die restriktiveren Regulierungen anderer Mitgliedstaaten, insbesondere Frankreichs, zu übernehmen. ...
In der Politischen Ökonomie wird diese Methode als “Strategy of Raising Rivals’ Costs” bezeichnet. Sie dient der Mehrheit der regulierungsfreudigsten Länder dazu, ihre relative Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Weil dabei der Deregulierungswettbewerb entfällt, steigt das Regulierungsniveau auch in den zur Mehrheit gehörenden Staaten. ...
Ein Musterbeispiel für die Strategy of Raising Rivals’ Costs war im übrigen die EU-Folgerechtsrichtlinie (2001). Sie verpflichtet den Kunsthandel (Galerien und Auktionshäuser), einen bestimmten Prozentsatz des Verkaufserlöses an die Künstler oder ihre Erben zu zahlen. Das Folgerecht wurde zuerst als “Droit de Suite” in Frankreich, dann in den meisten damaligen EU-Staaten eingeführt – aber nicht in Großbritannien mit seinen berühmten Londoner Auktionshäusern Sotheby’s, Christie’s und Phillips. Die Briten wehrten sich, aber Frankreich setzte die Richtlinie mit qualifizierter Mehrheit durch.
In britischen Zeitungen wurde ausführlich über diese Niederlagen berichtet, in deutschen meines Wissens nicht. Es gibt eben keine europäische Öffentlichkeit. ..."

Die Politische Ökonomie des Brexit: Ein Rückblick - Prometheus

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